Wir erwarten eine Partnerschaftsgruppe aus Tansania vom 30. April bis 13. Mai 2024 in unserem Kirchenkreis. Unterwegs in Tansania - Blog zur Reise von Matthias Simon vom 3.6.-27.08.2023

Nachwort

Nun bin ich in Dar es Salaam, habe für Donnerstag einen Rückflug. Ich bin inzwischen gut erwärmt, habe überwiegend Wohlbefinden bis auf den Umstand, dass ich mich zu Hause nun noch untersuchen lassen muss, weil der Normalzustand noch nicht wieder eingetreten ist.

Das hat mich nicht abgehalten, doch noch einmal in die City zu fahren. Mit Bajaji (5000 Tsh = 2.30 EUR) und öffentlichem Bus (die gleiche Strecke für 500 Shillinge = 23 Cent und mehr Spaß, weil ich dichter an den Menschen dran bin und da gibt es immer was zu lachen).

Ich habe ein paar Kleinigkeiten gekauft:

Bananen ca. 1kg 800 Tsh, Mandazis (kleine gefüllte Teigtaschen zum unterwegs essen) 100 Tsh/ Stück, Chipsi maiai (pommes mit Ei gebraten) 2000 Tsh. Eine mittelgroße Ingwerwurzel kostet 200 Tsh, Kaffee im Supermarkt ist teuer, etwa wie bei Edeka. Den können sich nur reiche Tansanier und Europäer leisten. Den besten Kaffee, ja sogar Cappuccino und frisch gebackenen Kuchen gibt es im Lutheran Hostel neben der zentral gelegenen Lutherkirche. Allein wegen des Kaffees lohnt schon der Weg dahin. (Ob das ein Überbleibsel der deutschen Kaffeekultur aus Kolonialzeiten ist?)

Die Stadt verändert sich rasant. Es entstehen überall neue Hochhäuser. Unverändert sind die vielen Straßenhändler, kleine Verkaufsstände aus ein paar Brettern zusammen gezimmert und das Hupen der Autos gemischt mit den Rufen der Händler. Und überall werde ich freundlich, mitunter etwas drängend eingeladen, etwas zu kaufen. Wer da schwach wird, hat schnell alle möglichen Tücher, Hemden, Röcke, Holzelefanten … in der Tasche und die zugelassenen 23 Kg Fluggepäck überschritten. Zurück in Deutschland werde ich aber vor allem vermissen, dass die Leute hier nach meinem Gefühl mehr lachen. Sie erscheinen mir lockerer und unverkrampfter, obwohl ihr Leben oft alles andere als leicht ist. Hamna shida - macht nichts, würden sie sagen und wohl überzeugt sein: alles wird gut!

Eigentlich wollte ich jetzt unterwegs nach Itamba in unsere Partnerschule sein.
Etliche Tage hatte ich ein Unwohlsein. Vielleicht ist es nur eine Blasenentzündung, die man sich im kalten Morogoro schnell holen kann. Jedenfalls wurde es nicht richtig besser (im Grunde erst heute, da ich in wärmeren Gefilden bin). Mich in einem Krankenhaus hier untersuchen zu lassen scheue ich die Sprach – bzw. Verständigungsschwierigkeiten. Ebenso mag ich mich so nicht auf die weite Reise ins Hochland machen, zumal da die Temperaturen z. Zt. sich um die 10 Grad bewegen. Darum habe ich mich schweren Herzens entschlossen, eher nach Deutschland zurück zu reisen. Das war eine sehr schwierige Entscheidung.
Ich hoffe sehr, dass alle, die noch auf meinen Besuch hier gewartet haben, das verstehen können. Immerhin habe ich in den vier Wochen an der Sprachschule doch sehr sehr viele Worte und noch mehr freundliche Gesten sammeln können. Zumindest kann ich allen Mut machen, die sich auf eine fremde Sprache einlassen mögen, sie zu lernen. Es eröffnen sich neue Welten und der Kopf wird etwas in andere Richtungen bewegt. Dafür ist man nie zu alt.
Zum Abschluss hat der Schulleiter noch eine kleine Rede auf Kiswahili gehalten, die ich zu meinem eigenen Erstaunen in Gänze verstanden habe. Und so konnte ich selbst auch noch ein paar Sätze sagen. Mit einer überreichten Urkunde und umgehängter Halskette kam ich mir vor wie bei einer Siegerehrung. Es war sehr anrührend und so werde ich gewiss die freundlichen Menschen hier in meinem Herzen behalten.
An dieser Stelle auch ganz herzlichen Dank, allen die mein Vorhaben unterstützt haben. Vielen Dank meiner lieben Frau, meinen Töchtern! Vielen Dank der Tansania-Arbeitsgemeinschaft Magdeburg-Stendal, da insbesondere Beate Thiel und Dr. Irmtraud Herms, dem Kirchenkreis Haldensleben-Wolmirstedt, dem Leipziger Missionswerk, all den Kollegen und Ruheständlern, die mich vertreten, unserem Gemeindebüro und meinen Freunden, die mich ermutigt haben. Vielen Dank auch Dr. Ulrike Grotjohann für die medizinische Beratung.
Mungu awabariki – Gott segne Euch alle.

 

P.S. Ich bin jetzt in Dar es Salaam und warte auf die Bestätigung einer Umbuchung meines Fluges.

Das ist Njemo, eine Frau aus Tansania. Wir haben ein kurzes Begegnungshallo ausgetauscht, wie hier üblich.  Habari gani, wie geht es – nzuri, danke na wewe je – und dir, nzuri sana – sehr gut, nimetoka ujerumani – ich komme aus Deutschland … Dann habe ich von ihr Bananen gekauft. Nach weiteren wenigen Worten, die ich inzwischen zu Sätzen zusammenfügen kann, habe ich sie gefragt, ob ich ein Foto machen kann. Sie wollte erst nicht. Dann habe ich gesagt, dass es für Freunde in Deutschland und meine Familie ist, die wissen wollen, was ich mache, wem ich begegne. Dann hat sie schließlich zugestimmt. Auf diese Weise sammle ich Bilder von Menschen, denen ich begegne. Eigentlich sollten es hier viel mehr werden, als einige wenige Ausnahmen.
 
Jedoch hatte ich kaum Zeit zum Unterwegssein. Der schulische Alltag hat mich ziemlich gefordert. Und für morgen ist der nächste Test angesagt. Dabei habe ich von den ersten 30 Lektionen erst die Hälfte geschafft. Das Weitere muss irgendwie im Selbststudium erfolgen…
Auf dem Papier bekomme ich durchaus verständliche Sätze zusammen, allerdings fehlt eben das direkte Ausprobieren. Darum kann ich im Moment gar nichts Abenteuerliches berichten, außer dass sich mein Lehrer inzwischen um ein paar deutsche Worte bemüht. Und er meinte, das sei gar nicht so schwer, wenn es keine „ü“ und „ö“ gebe und nicht so viele Ausnahmen. Ja, wenn es nicht so viele Ausnahmen und Regeln gäbe, wäre Kiswaheli auch leichter zu lernen.

25. Juni


Jumapili – das heißt Sonntag und ist dem Wort nach der zweite Tag der Woche.
Für Christen ist auch hier der Sonntag der Beginn der Woche und da gehen viele in den Gottesdienst. Auf meinem Weg heute kamen mir zumeist Frauen sonntäglich gekleidet entgegen. Sie kamen, manche mit einem Gesangbuch in der Hand, aus einer der mindestens fünf Kirchen die ich auf meinem Weg zu einem kleinen Markt gezählt habe.  Neben der lutherischen und katholischen Kirche gibt es in Tansania unzählige kleinere Freikirchen, evangelikaler oder pfingstlicher Prägung. So tönte unüberhörbar die Stimme einer Predigerin aus der Moravien-Church (Kirche der Herrnhuter Brüdergemeine) bzw. wurde über Lautsprecher nach außen übertragen. Auf Ihre Worte hin erhielt sie immer wieder singende Resonanz. Es kam mir ein bisschen wie der Südstaaten-Blues vor. Wahrscheinlich wurde er hier geboren. Die verschiedenen Kirchen scheinen gut alle nebeneinander zu existieren, vielleicht auch in Konkurrenz zueinander. Und so hätte ich auch wählen können in die „Kanisa lauzima katika neno pentakoste“ zu gehen. Mit dem Wörterbuch konnte ich entziffern: Kirche der Kraft im Namen von Pfingsten. Die katholische „Kanisa la hija la mwili na damu ya Jesu = Kirche der Pilger des Leibes und Blutes Jesu“ war ebenso im Angebot.
Was die zum Teil sehr laute, enthusiastische, wahrscheinlich auch mit erhobenem Zeigefinger warnende Art der Prediger und Perigerinnen ist, so unterscheiden sie sich einschließlich der lutherischen Kirchen nur wenig voneinander. Eine Konkurrenz zu den großen traditionellen Kirchen bieten die pfingstlich-evangelikalen Kirchen gewiss und nicht nur hierzulande. Und das ist auch nicht verwunderlich.  Einfache Botschaften, die kein weiteres Nachdenken erfordern, lassen sich immer leichter verkaufen. Und Menschen brauchen Begeisterung, die in unseren Gottesdiensten etwas im Schwinden ist.
So verweilte ich nun bei keiner der Kirchen. Statt dessen habe ich bei einer freundlichen Verkäuferin in einer kleinen Bar ein Stoney-Tangawezi getrunken und das sonntägliche weltliche Treiben beobachtet.

Ergänzung: von Dr. Irmtraud Herms bekam ich noch den Hinweis, dass bei „Kanisa lauzima katika neno pentakoste“ uzima wa milele katika neno“ hier ewiges Leben im Wort“ bedeutet.

23. Juni
 
Die wesentlichen Dinge, die ich früher aus dem Kinderferienlager (eine merkwürdige Assoziation!) geschrieben habe, waren: das Wetter ist schön, das Essen ist gut, die Betreuer sind freundlich.
Letzteres ist hier (wohl generell in Tansania) ein Markenzeichen: Freundlichkeit. Das Wetter ist außerhalb der Regenzeit ohnehin schön, wenngleich die Uluguruberge meist in den Wolken sind und es heute bedeckt und ziemlich stürmisch war. Und das Essen hier in der Schule ist erstklassisch. Es gibt abwechselnd oder auch parallel Reis, Kartoffeln, Gemüse, immer eine leckere Soße dazu, Fleisch oder Fisch oder Fleischtaschen oder Gemüsetaschen oder Pommes oder Pizza, Gurken-und Tomatensalat. Und zur Teezeit vormittags 10 Uhr und nachmittags 15 Uhr stehen immer heißes Wasser und Africafe oder eine Auswahl an Teebeuteln bereit und eine große Kanne Tangawezi – das ist heißer Ingwertee, den Coca Cola längst als kühles Pendant in Form eines Softdrinks vermarktet.
 
Das Geschilderte sind alles Oberflächlichkeiten. Wenn ich mich darüber aber schon etwas mit den Tansaniern austauschen kann, empfinde ich das als einen Fortschritt.
Und so habe ich heute auch meinen Lehrer von der Grammatiklektion etwas abgelenkt und mit ein paar Fragen gelöchert (immerhin in kiswahili). So erfuhr ich, dass er noch sehr jung ist (26 Jahre). Feiert er Geburtstag und wie, wollte ich wissen. Nun mitunter nur mit ein paar wenigen Freunden. Geschenke gibt es nicht, dafür hat man kein Geld und das wird auch nicht erwartet. So kamen wir auch noch auf Jesu Geburtstag zu sprechen. Der wird hier unter den Christen gefeiert mit Kirchgang. Mein Lehrer Jofrey ist katholisch. In der Weihnachtsmesse führen Kinder ein Krippenspiel auf. Dann geht man nach Hause und in der Familie wird gegessen. Also ziemlich ähnlich wie bei uns. Allerdings auch da gibt hier, wenn überhaupt, dann nur für die Kinder Geschenke. Das sind dann keine Legospielsachen, sondern ein Hemd, eine Hose, ein Rock. So war es wohl auch vor der Entwicklung zur Konsumtionsgesellschaft in Deutschland. Ich hatte auf mein Nachfragen aber nicht hören können, dass Jofrey solche Zukunftserwartungen hat. Ich glaube, er wäre schon sehr froh, wenn er sein altes Tastentelefon gegen ein Smartphone eintauschen könnte.

21. Juni
 
Gestern Abend saß ich inmitten einer Runde netter Leute. Sie treffen sich einmal in der Woche zu einem christlichen Hauskreis. Diesmal war die Zusammenkunft in einem Projekt mit dem Namen „Agape“, Hier müht sich Christina (aus Deutschland), die seit langem hier lebt, um Kinder, die aus schwierigen Verhältnissen kommen. In der Runde saßen noch Simon, der ebenfalls in dem Projekt mitarbeitet, Valeri, sein Frau Marina mit ihren hier lebenden drei Kindern, sowie Xenia und Sophia, die im Freiwilligenjahr in Tansania sind, sowie Michael, ein aus der bayerischen Landeskirche entsandter Pfarrer. Warum sind sie alle gerade in Tansania, wollte ich wissen? Warum hat Michael nicht irgendeine Pfarrstelle in Franken, wo es sich gewiss angenehmer leben lässt?
Die einen wollten in ihrem Leben einfach nochmal etwas anderes machen. Es hätte auch in Schweden sein können. Michael wollte nach Afrika, weil er hier seine Aufgabe sieht. Die nimmt er so ernst, dass er als entsandter Pfarrer für die Maasai inzwischen auch kimasaai lernt, eine der vielen hier gängigen Sprachen. Er berichtete von seinen Bemühungen um den Gottesdienst bei den Maasai, den oft nur die Frauen besuchen. Er sprach von schwierigem Konfirmandenunterricht und Kindergottesdienst. Sich das in einem Maasaidorf vorzustellen, rang mir einiges an Fantasie ab.
Alle Erwachsenen in der Runde äußerten, dass sie sich von Gott genau hierher geführt fühlen. Wie sie es sagten, war das für mich sehr beeindruckend.
Wir lasen dann einen Abschnitt aus der Apostelgeschichte und sprachen darüber, was das für das Leben und den Glauben hier bedeuten könnte.
Zum Schluss wurden noch Sorgen, Nöte ausgetauscht, die dann in sehr persönlichen Gebeten nochmals vor Gott gesagt wurden. Diese Art Gebetsrunde entspricht zwar so nicht mehr meiner Glaubenspraxis. Genau hier aber hat alles gestimmt. Und ich glaube, es ist auch für die hier lebenden Deutschen wichtig, eine Gemeinschaft zu haben, die nicht oberflächlich ist. Mitunter muss man wohl in die Ferne, um Tiefgründiges zu erleben.

19. Juni
 
Gestern war ich im Gottesdienst in der zur Schule gehörenden lutherischen Kirche. Man könnte es aus Sonntagsschule nennen.
Der Beginn war zwar schon 8.00 Uhr, ich hatte aber den Eindruck, dass niemand Anstoß daran nahm, dass ich später hinzu kam. Die Gottesdienstbesucher waren überwiegend Schüler des hiesigen Lutheran Junior Seminars (also Primery und Secondary School). Sie alle waren mit hellblauer Bluse bzw. Hemd und dunkelblauem Rock bzw. Hose gekleidet. Einige Erwachsene saßen wie ich in den hinteren Bänken. Sie kamen nach vorn und waren der Gemeindechor, wie sich herausstellte. Der Chor sang eher verhalten, die Schülergemeinde sang enthusiastisch und es wurde viel gebetet und viel und vor allem schnell gesprochen. Ich verstand kaum ein Wort, außer „Gott“ und „wir bitten“ und „wir beten gemeinsam“. Und es ging um irgendeinen Text des Paulus an die Römer. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass das für die Schüler interessant war, aber sie hörten aufmerksam zu und die Stimmung war für einen lutherischen Gottesdienst ausgelassen.
 
Das Junior Seminar ist eine christliche und damit auch eine Privatschule. Diese haben es hier in Tansania nicht leicht. Zum einen, weil in der Regel Schulgeld fällig ist, was viele Eltern nicht aufbringen können. Private Schulen, so erfuhr ich von einer Lehrerin haben es insofern auch schwer, weil ihnen gefühlt immer wieder Steine in den Weg gelegt werden. Seitens des Staates erhalten sie keine Zuweisungen (wie etwa in Deutschland), im Gegenteil. So berichtete jene Lehrerin, dass für die Gründung ihrer Schule hohe Auflagen zu erfüllen waren. Es mussten so und so viele Toiletten sein, bestimmte Fenster und Türen usw., was ja grundsätzlich nicht falsch ist, aber an staatlichen Schulen bei weitem weder als Auflage gilt noch geprüft wird. An ihrer Schule kommen hingegen ständig Kontrollen und es werden Bußgelder fällig. Hier ist der Eindruck, dass einfach Geld abgeschöpft werden soll.
Ein anderes Problem an vielen, leider auch an privaten Schulen ist, dass die Prügelstrafe zwar laut Gesetz verboten ist aber geduldet und von manchen/ vielen Eltern gar als probates Mittel akzeptiert wird. Das ist für mich jedesmal wieder nur schwer zu hören. An unserer Partnerschule ist die Prügelstrafe laut Aussage des Schulleiters abgeschafft. Gewisse Zweifel bleiben aber.
Auch wenn wir uns mit unseren meist besserwisserischen Äußerungen zurückhalten sollten, so ist die Prügelstrafe m.E. inakzeptabel. Sofern wir Schulen bzw. Schüler mit Schulgeld unterstützen, sollten wird darauf dringen, das auf Gewalt jeder Art verzichtet wird.
Ich glaube die Kinder lernen mehr oder weniger gern, genau wie die Kinder in Deutschland. Sie sind manchmal wissbegierig und haben die Schule manchmal über. Sie erzählen gern, spielen gern Fußball und lachen vielleicht etwas mehr, als deutsche Kinder. Auf jeden Fall haben sie das Recht, wie jedes Kind auf der Welt, ohne Angst vor Prügel lernen zu können.  

17. Juni - Unterwegs in den Uluguru Mountains
 
Heute ist unterrichtsfrei gewesen. Wir waren gemeinsam mit unseren Lehrern in den Ulururu Mountains. Mit Bajajis, jenen kleinen dreirädrigen Taxis sind wir bis an den Fuß der Bergkette gefahren. Dann ging es einen steilen Pfad bergauf. Immer wieder fuhren Pikipikis (Motorräder) an uns auf den vom Regen ausgewaschenen Pfad bergauf. An den steilen Berghängen stehen Bananenbäume, wird Mais, Tabak und anderes angebaut, dazwischen ärmliche anmutende Häuser.
Strom gibt es hier nicht, aber kleine Verkaufsstände mit Obst, Erdbeeren und der unvermeidlichen Coca Cola.  Kinder schauten uns nach und fragten sich vermutlich, was diese seltsamen fremd aussehenden Leute hier suchen. Unser Ziel waren die Wasserfälle, die wir nach einer ca. zweistündigen Wanderung erreicht hatten. Es war herrlich mit den Füßen im kühlen Nass zu stehen. Unseren tansanischen Lehrern war es zu kalt.
Unterwegs hätten botanisch Interessierte Vögel aller Art beobachten können. Und es gab es immer wieder neue Worte zu lernen und eine Menge von einander zu erfahren. Da ist zum Beispiel eine junge Frau aus Korea, Juni mit Namen, die Urlaub und Freistellung nutzt, um kiswahili zu lernen. Später will sie dann mit ihrer Familie ein paar Jahre nach Tansania gehen. Oder da sind Emmanuel von den Philippinen, oder Rex aus Papaneuguinea und noch zwei weitere Koreaner. Für mich ist eine solche Internationalität großartig zu erleben. Schon immer war ich auf fremde Welten neugierig. Es gibt noch viel zu entdecken!

15. Juni – Schönes und Bedenkliches
 
Wenn ich morgens aus meinem Zimmer trete, eröffnet sich mitunter ein solcher Moment der Schönheit. Die ersten Sonnenstrahlen des Tages umhüllen die Bäume. Die größten von ihnen sind die Baobabs, die mehrere hundert Jahre alt werden können. Und täglich habe ich den anfänglich schon beschriebenen Blick aus meinem offenen Klassenzimmer auf die Uluguru-Berge, wo Gipfel bis auf 2600 m locken. Dorthin werden wir am Samstag eine Wanderung unternehmen.
 
Die Sprachschule ist Teil eines großen Komplexes, des Lutheran Junior Seminars. Dazu gehört eine Primary- und eine Secondary School. Die Primary School geht zur 7. Klasse. Es folgt die Oberstufe, 4+2 Jahre. Wer die Prüfung nach vier Jahren erfolgreich absolviert, kann mit zwei weiteren Jahren das A-Level erreichen, was der Hochschulreife entspricht.

Gerade findet hier auch ein Seminar für Freiwillige, die ein Jahr nach Deutschland kommen, statt. Am Rande bekomme ich mit, welche Probleme es gerade für diese Jugendlichen gibt, das Visum für Deutschland zu erhalten. Im Unterschied zu Reisenden mit EU-Pass, die ohne Weiteres ein Visum online oder direkt bei Einreise erhalten, müssen Tansanier ein kompliziertes Antragsverfahren durchlaufen. Sie müssen sich einen Termin auf der deutschen Botschaft in Dar es Salaam besorgen. Dort werden sie einzeln interviewt nach Ziel der Reise, den beruflichen Perspektiven im Heimatland usw.. Mit diesem Verfahren wird wohl irgendwie den Tansaniern unterstellt, sie würden die Gelegenheit zur Emigration nutzen.  Das scheint mir vor allem im Hinblick auf jene Freiwilligen, die ja auch von bundesdeutschen Freiwilligen Programmen gefördert werden, weit hergeholt. Zudem finde ich ein solches Verfahren auch entwürdigend. Zu DDR-Zeiten hätte ich wohl eine Eingabe an den Staatsratsvorsitzenden gemacht.
 
Mehr lässt sich heute nicht berichten, außer dass ich schon mehrere mutmachende Nachrichten bekommen habe. Dafür ein herzliches Asante sana. Nun muss ich mich aber schleunigst über die Hausaufgaben hermachen.

13. Juni – Vorwärts in die Vergangenheit
 
Heute habe ich meinen ersten Test nach 27 Jahren geschrieben. Ich fühlte mich mit meinen Bemühungen um Künftiges etwas in die Vergangenheit versetzt. Dieser Test bildet auch etwas ab, wie hier gelernt wird, was ich bereits angedeutet habe. Täglich eine neue Lektion. Gestern wurden besitzanzeigende Worte gelernt, wie z.B. mein, dein, unser … Buch. Nach der Mittagspause ist dann Übungs- und Testteil. Mein Lehrer Jofrey (ein außerordentlich netter Typ, siehe Foto) spricht einen Satz dreimal vor, dann wird er einmal gemeinsam gesprochen, dann soll ich auf englisch sagen, was er  bedeutet, dann wird er noch einmal wiederholt. Dann werden Worte getauscht bis die meisten Varianten durchgespielt wurden. Diese Art zu lernen, ließe sich vereinfacht mit „eintrichtern“ beschreiben. So gut mit Worten und grammatikalischen Formen abgefüllt, konnte ich zwar den Test mit 99 % bestehen, was aber nichts über meine derzeitige Sprachkompetenz besagt.
Gestern hat eine jungen Koreanerin hier ebenfalls mit Lernen begonnen. Am Abend schien sie ziemlich erschöpft zu sein. Und ich konnte nur sagen: pole sana – ich fühle mit dir.  
 
Ebenfalls gestern habe ich Valeri kennengelernt. Er ist mit seiner Familie aus Deutschland hier. Den Grundkurs hat er auch absolviert. Kiswahili, so habe ich ihn verstanden, lernt er im Grunde aber erst in seiner Arbeit mit Kindern in einem Kinderhausprojekt. Dort sind Kinder, die vorher meist auf der Straße lebten und nun die Chance bekommen, einen Schulabschluss zu machen. Er hat mich auch gleich in einen Hauskreis eingeladen.
Und auch er hat Mut gemacht, nicht alles zu ernst zu nehmen. Hakuna matata!
 
P.S. Schon vor langer Zeit noch zu Hause in Deutschland hatte ich einen Traum: Jemand sagte zu mir: Du musst ja noch zum Schluss die Matheprüfung machen. Mit einem mal wurde mir klar, wenn ich da durchfalle, ist nicht nur alles Mühen in allen anderen Fächern umsonst, ich verliere auch meinen Berufsabschluss und meine Arbeit. Aber, so sagte jener andere, Du hast noch viel Zeit und Du schaffst das bestimmt. Und ich dachte, er weiß nicht, wie schwer ich mich mit Mathe tue. Da erwachte ich.
Natürlich war es nur ein Traum, aber heute war ich daran erinnert.

11. Juni
Gestern war ich mit meinem Mwalimu (Lehrer) in downtown – Morogoro. Das sind von hier ca. 6-8 km. Diese Entfernung legt man am besten mit einem Bajajii, einem kleinen dreirädrigen Motorroller zurück. Für 5000 Shilinge, das sind ca. 2.50 EUR, erschwinglich. Der Stadtgang sollte ein erster Versuch sein, mit Tansaniern in Kontakt zu kommen. Das fällt mir üblicherweise nicht schwer, allerdings auf Kiswahili und mit dem strengen Lehrer im Rücken, war ich nicht ganz entspannt. Den nächsten Stadtgang werde ich wohl allein machen. Immerhin habe ich ein paar Worte mit einem Tischler gewechselt. Hier kauft man Tische und Betten nicht bei IKEA, sondern bei einem Handwerker auf der Straße. Diese Möbel halten dann gewiss ein Leben lang. Morogoro ist eine sonst eher unspektakuläre Stadt und bestenfalls Station für Durchreisende. Um aber in das afrikanische Leben einzutauchen, ist vor allem der Markt natürlich ideal geeignet. Die Händler versuchen sich mit Megaphonen gegenseitig zu übertönen, dass einem die Ohren klingeln. Und es gibt im Grunde nichts, was man hier nicht erwerben könnte. Sogar Nutellaabhängige Europäer würden hier fündig werden.
Zu Einzelhandelspreisen äußere ich mich zu späterer Zeit, wenn ich sprachlich kompetenter recherchieren kann. Gestern habe ich neben dem Tischler Oskar noch die Schreibwarenhändlerin Tekla kennen gelernt, mich kurz mit Raphael unterhalten und Grüße mit vielen unbekannten ausgetauscht – Habari (wie geht‘s) – Nzuri sana! (sehr gut). Im Schlimmsten Falle sagt man nzuri kidogo, was heißt: nur ein bisschen gut. So habe ich heute auf den Gruß antworten müssen, da mich seit gestern ein heftiger Schnupfen plagt. Darum habe ich heute den Gottesdienst, der hier um 8.00 Uhr begann, nur aus der Ferne ein wenig mitbekommen. Ich hoffe, morgen wieder „nzuri sana“ sagen zu können.  

8. Juni
 
Wie soll man das in den Kopf bekommen? Das habe ich mich schon vor längerer Zeit gefragt, als ich begann, mich mit Swahili zu beschäftigen. Ganz einfach: Immer wieder üben. Wissen und Gefühl bekommen, welche Worte zu welcher der häufigen Gruppen 1-11 gehören. Wenn ich etwas über Menschen oder Lebewesen aussagen möchte, muss ich als Pronomen jene der ersten beiden Gruppen verwenden. Das hier detaillierter zu erklären, würde aber den Rahmen sprengen. Eigentlich wollte ich nur abbilden, womit ich mich täglich beschäftige. Von 8 -12 Uhr mit eben jene Grammatik, die ich schon ein bisschen kenne. Aber ein bisschen reicht eben nicht. Von 13.30 -15 Uhr sind dann Wiederholung und Test angesagt. Dann bin ich auch schon mal erschöpft, zumal ich solch intensives Lernen nicht gewohnt bin. Nach der Kaffeepause gibt es dann Hausaufgaben zu erledigen. Nun bin ich nicht der erste, der diese Schule durchläuft. Daher mein Respekt allen, die das schon durchstanden haben und sich dann sogar verständigen können..

6. Juni
 
Das ist mein Klassenzimmer. Zumindest in der Zeit des Einzelunterrichts. Ein Ort mit Ablenkungspotential, weil der Blick einfach so schön ist. Ich bin also angekommen in Morogoro. Nach drei Stunden Busfahrt vom Ubungu Busbahnhof in Dar es Salaam sah ich gerade noch rechtzeitig das Schild mit der Aufschrift „ELCT – Lutheran Junior Seminary“ wo auch die Sprachschule angesiedelt ist. So konnte ich dem Busfahrer noch die gelernten Worte zurufen „Tafadhali, usimame hapa“ – Bitte, halte hier. Ja und dann nahm mich ein sehr freundlicher Schulleiter in Empfang, zeigte mir das Schulgelände und mein Quartier für die nächsten vier Wochen. Nach dem lunch und kurzem Ausruhen gab es gleich die erste Lektion mit meinem Lehrer Jofrey: Zeitplan und Tansanische Uhrzeiten. Also in der 2. Stunde am Morgen (8.00 Uhr weil der Tag 6.00 Uhr beginnt) startet die erste Unterrichtseinheit. 10.00 Uhr (nach tansanischer Lesart die 4. Stunde) ist 40 Minuten Teezeit, dann geht es weiter bis zum Mittag. Nach dem Lunch 13.30 -15.00 Uhr Übungen. Der Rest des Tages ist dem Selbststudium (oder Blog schreiben oder Krimi lesen) vorbehalten. So wollen wir also das Beste hoffen und sind gespannt auf positive Entwicklungen.
Übrigens hat es gestern den ganzen Tag geregnet. Das Ende der Regenzeit hat sich verschoben, vielleicht Anzeichen klimatischer Änderungen. Ich bin dennoch über die Pfützen gehüpft und habe einige Notwendigkeiten erledigt: tansanische Simcard und Africafe gekauft.

Sonntag, 4. Juni

Nun bin ich tatsächlich in Dar es Salaam angekommen.
Die Reise begann mit dem Zug von Haldensleben über Wolfsburg nach Hannover. Das ist an sich nicht weiter aufregend. Als der Zug jedoch in Oebisfelde losfuhr, war ich an jene Grenze erinnert, über die ich als Jugendlicher dachte, nie zu kommen, geschweige denn in fremde Länder reisen zu können. Davon konnte ich, wie wohl manche nur träumten. Ein paar Jungs stiegen zu und fuhren selbstverständlich über die Landesgrenze. Vermutlich hatten sie keinen Moment Gedanken, wie ich sie hatte. Dass ich so immer wieder erinnert bin, heißt auch, dass es nicht selbstverständlich ist, in die Welt zu können.
Nach Tansania zieht es mich nun seit mehr als 20 Jahren immer wieder. Auch hier hat sich zumindest äußerlich vieles rasant verändert. Dort wo vor zwanzig Jahren an vielen Stellen in Dar noch Wellblechhütten standen, stehen nun Hochhäuser. Ich sehe weniger rauchende Müllhaufen, aber immer noch viel Abfall. Und am Flughafen Dar es Salaam, wo es immer viel Bürokratiezirkus gab, ging es mit dem Kauf des Visums mit einem freundlichen Lächeln sehr entspannt zu.
Heute nun schaue ich vom Lutheran Hostel, in dem ich zwei Tage wohne, auf den Hafen. Lang hat es mich trotz kurzer Nacht hier nicht gehalten. Am Hafen, der nur ein paar Schritte entfernt ist, lässt sich prima in das Leben eintauchen. Natürlich wäre auch ein Gottesdienstbesuch hier möglich gewesen, aber die Kirchenbänke in der lutherischen Hauptkirche, sind nicht weniger hart, als die meisten in Deutschland. Lieder auf swahili werde ich gewiss noch singen und bin gespannt, auf manches das kommt.
Am Dienstag morgen geht es weiter nach Morogoro.

26. Mai

noch nicht angekommen, genauer noch nicht mal abgereist und auch noch nicht gepackt, aber schon ein bisschen aufgeregt bin ich. 
Werde ich mich da allein zurecht finden. Werde ich mich mit meinem sehr unvollkommenen Englisch und einigen Brocken Kiswahil verständigen können?

Voraussichtlich nachts am 4. Juni gegen 2:30 lande ich in Dar es Salaam. 
Dort werde ich hoffentlich von Frank, einem freundlichen Taxifahrer abgeholt und zum Lutheran Guesthouse gebracht. 
Am 6. Juni geht es dann nach Morogoro in die Sprachschule der ELCT (Evangelisch lutherischen Kirche Tansanias). Dort werde ich vier Wochen versuchen etwas mehr kiswahili zu lernen um etwas sprachfähiger zu werden.

Heute schon aber möchte ich allen Danke sagen, die mich bestärkt und unterstützt haben, diese Unternehmung anzugehen.