Immer noch und immer neu: wir trauern, wir klagen in unserem Gottesdienst. Wir nehmen den Konflikt in Palästina, in der Ukraine und an so vielen Orten ins Gebet. Das Glockenläuten jeden Freitag 18 Uhr will uns das erinnern und ruft zum stillen Gebet. Unsere Kirche St. Marien ist wieder von Mai bis Oktober dienstags - sonntags von 10-18 Uhr geöffnet.

Blick vom Kirchturm St. Marien V

Liebe Leser,

die Ereignisse auf unserer Kirchenbaustelle überschlagen sich förmlich. Die Baufortschritte lassen mich staunen, machen Mut und lassen mich demütig und sehr dankbar über Gottes weise Führung sein. Hiervon wollen die nächsten Zeilen berichten. Lassen Sie sich mitnehmen, staunen Sie gemeinsam mit mir und freuen Sie sich bereits heute auf ein besonderes, riesiges Weihnachtsgeschenk: Weihnachtsgottesdienst in unserer „alten-neuen“ Kirche.

Der Einbau ist fertig verputzt, die Sanitärräume sowie Teeküche gefliest und das Rohrleitungssystem an die städtische Kanalisation angeschlossen. Welch ein Anblick! Vergessen sind die Sorgen um die Lieferengpässe bei den Fliesen, den Abwasserrohren und -schächten sowie Türeinbauten. Ich habe mich manchmal an meine Kindertage erinnert gefühlt: Damals war mein Vater als Maurer bei der Gebäudewirtschaft beschäftigt und nicht wenige von Ihnen können sich mit mir an den allgegenwärtigen Materialmangel der DDR-Zeit erinnern. Wie oft waren hier wahre Zauberer und Ideen gefragt. All das schien für uns lange Zeit überwunden. Vergessen habe ich dies aber nicht und so war eine gewisse noch latent vorhandene Mentalität für mich auch sofort wieder abrufbar und hat mich ruhig hoffen lassen. Und das war gut so! In naher Zukunft werden nun zunächst die Innenwände gemalert und im Anschluß das Sanitärporzellan montiert. Und dann heißt es fröhlich: „Wasser marsch!“
Die Malerarbeiten im Innenraum sind rasch fortgeschritten. Die beiden Seitenschiffe sind bis auf Nacharbeiten fast fertig gestellt und das Mittelschiff derzeit hälftig eingerüstet. Wenn die erste Hälfte des Mittelschiffes gemalert ist, wird die Rüstung umgestellt und die Maler widmen sich in dieser Zeit dem Eingangsbereich.
Hier haben die Tischler zunächst fleißig und fachkundig Hand angelegt. So wurden Türen und Einbauten repariert sowie der neuen Fußbodensituation angepaßt und eine neue Verkleidung für unsere Elektroverteilung gebaut. Die Maler werden im August nicht nur Wandflächen neu fassen, sondern auch Innentüren und alle Holzteile.
Lassen Sie sich überraschen und seien Sie herzlich zur „Turmwiedereinweihung“ am 10. und 12. September, dem Tag des offenen Denkmals, eingeladen! Dann werden endlich wieder alle Glocken weit über die Stadtgrenzen hinaus wahrnehmbar sein und auch die Uhr wird wieder die richtige Zeit anzeigen. Welch eine Freude nach 6 Jahren Bauzeit! Denn bereits seit 2015 war mit der Notsicherung der Deckenbalkenlagen der Zugang zu Turm und Aussichtsplattform für Besucher gesperrt.

Die Steinmetze konnten ihre Arbeiten am Maßwerk der Chorfenster zunächst beenden. Jetzt ist alles für die Glaswerkstätten vorbereitet. Über den Fortschritt der Glasbauarbeiten konnte sich indes eine kleine Delegation unserer Gemeinde von 10 Personen am 17. Juli dieses Jahres in Quedlinburg ein eigenes Bild machen.
Frank Schneemelcher, der die seit 1886 bestehenden Werkstätten in vierter Generation leitet, begrüßte uns an diesem Sonnabend herzlich und führte uns eloquent und charmant durch seinen Wirkungsbereich. Er übernahm die Werkstattführung bereits 1988, noch als stattlicher Leiter, und überführte das Unternehmen erfolgreich in die Marktwirtschaft. Seit 1990 leitet er die Werkstätten eindrucksvoll zusammen mit einem engagierten und kompetenten Kollegium als privater Unternehmer. Trotzdem stammen noch einige Maschinen aus vorsozialistischer Zeit und verschiedene traditionelle Handwerkstechniken blieben durch Weitergabe an die jeweils nachfolgende Generation lebendig. Und gerade deshalb sind die Werkstätten von Frank Schneemelcher im traditionell-künstlerischem Glasbau heute deutschlandweit und darüber hinaus stark gefragt. Sogar die Verbleiung wird vor Ort durch ein überliefertes Gußverfahren selbst hergestellt.
Der Künstler Julian Plodek schilderte uns im Anschluß bildhaft die Umsetzung seiner Entwürfe in die Wirklichkeit. Anhand der ersten fertigen, provisorisch verbleiten Fensterfelder beschrieb er detailreich die Wirkung einzelner Farben und Details. Anhand der Probe-Tageslicht-Aufstellung gelang es eindrucksvoll jedem Delegationsteilnehmer die Durchlichtwirkung der Glasmalerei nahe zu bringen. Bereits in der Werkstatt ließ sich die zukünftige Wirkung in Abhängigkeit von Tageslicht, Himmelsrichtung und Sonnenstärke in unserer Kirche erahnen. Ein eindrucksvolles Schauspiel!
Die Projektverantwortliche Thekla Berlin gab hiernach einen bemerkenswerten Einblick in die technischen Herstellungsprozeße. Wer hätte gedacht, daß es so vieler einzelner, eng abzustimmender und verzahnter Handgriffe bedarf, um ein einziges Fensterfeld zufriedenstellend herzustellen! Voller Begeisterung über die tolle handwerkliche Ausführung wollten bis auf ein Gemeindeglied alle über eine neue berufliche Ausrichtung in Richtung Glasbau oder Glasmalerei nachdenken. Und tatsächlich sucht die Glaswerkstatt Schneemelcher derzeit händeringend nach Lehrlingen in diesen Bereichen.
Nur wenige Tage nach unserem Besuch wurden dann die von uns besichtigten Fensterfelder zur Probe der Lichtwirkung und der Farbauftragsstärke vor Ort in unserer Kirche eingebaut. Zusammen mit dem Künstler, der mitarbeitenden Glasmalerin, Frau Berlin und weiteren Projektmitwirkenden wurden die nächsten Arbeiten und Änderungen abgestimmt und der Zeitplan nachjustiert. Es war für mich eine große Freude die fast kindliche Begeisterung aller Mitwirkenden bei diesem Termin zu erleben. Der Respekt vor der Umsetzung und das Erspüren der Fensterwirkung hinterließ in uns allen eine gewisse Größe und Unbeschreiblichkeit des Gefühls. Umso dankbarer bin ich für die Vielfältigkeit der Kirchenbauaufgaben, die Vielzahl der Gewerke und die Gesamtheit der Erfahrungen aller beteiligten Handwerker. Mit dieser manchmal harten Erdung ist es meiner Meinung nach erlaubt, auch einmal zu träumen und etwas höher zu fliegen.
Wenn alles wie vorgesehen verläuft, könnten die Glasfenster bis Mitte Oktober montiert sein. Dann würden die Steinmetze noch einmal ihre Arbeiten aufnehmen und Rest- sowie Anschlußarbeiten ausführen. Zuletzt soll das Stabwerk malerisch angeglichen werden. Es gibt also noch einiges zu tun!

Bodenständig ging es am 12. Juli dieses Jahres in unserer Kirche zu. Die bereits tischlermäßig aufgearbeiteten Kirchenbänke wurden mit Hilfe vieler kräftiger Hände schon jetzt in ihre zukünftige, dauerhafte Position verbracht, um Baufreiheit für die nächsten Arbeitsschritte zu schaffen. Mein Dank gilt besonders den Mitgliedern des Blauen Rings, ohne die dieses Vorhaben niemals zu stemmen gewesen wäre. Ohne viel Federlesen wurde angepackt. DANKE! Bedanken möchte ich mich zudem bei den weiteren mitzugreifenden GKR-Mitgliedern und Einzelpersonen sowie bei Katja Schulze, die für das leibliche Wohl sorgte. Toll, daß wir so schnell fertig waren! Wie heißt es so schön: „Viele Hände bereiten der Arbeit ein schnelles Ende!“

Jederzeit für Ihre Rückfragen offen, freut sich auf ein Wiedersehen mit Ihnen bei der Turmübergabe an die Öffentlichkeit und verbleibt wie immer herzlich, Ihre Judith Vater!